Brief an den Ministerpräsidenten des Landes Nordrhein-Westfalen

Düsseldorf, 20. Oktober 2020

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, lieber Herr Laschet,

mit großem Respekt hat der Vorstand des kulturPARTNERnrw e.V. die vielfach komplizierten Entscheidungen verfolgt, die im Rahmen der Corona Pandemie in den letzten Monaten getroffen werden mussten. Sie sind – wie alle Erlasse zur Pandemie – aus der Not geboren und dringend erforderlich!

Dennoch wenden wir uns heute mit der Bitte an Sie, die seit dem 17.10. erweiterten Beschränkungen für die Konzert- und Veranstaltungshäuser möglichst rasch zu korrigieren und den spezifischen Voraussetzungen des Kulturbereichs anzupassen. Der Deutsche Bühnenverein hat dazu am 14.10.2020 eine Pressemitteilung herausgegeben, die bereits deutlich auf die Notlage hinweist.

Über die Bühnen und Orchester hinaus sind in NRW aber auch zahlreiche Museen und viele weitere Kulturveranstaltungsstätten zunächst durch die Anordnung des Landesministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales NRW vom 12.10. und anschließend durch die Corona-Schutzverordnung des Landes NRW vom 16.10.2020 existentiell bedroht. Aus dem Kreis der 120 WDR 3 Kulturpartner in Nordrhein-Westfalen sind uns in den letzten Tagen entsprechend große Sorgen übermittelt worden. Sie stehen mehrheitlich in Bezug zur weiteren Reduzierung der schon zuvor minimierten Besucherzahlen der Häuser und verweisen auf die erhebliche Gefahr eines langfristigen Kulturabbaus – ausgerechnet in NRW, dem Bundesland mit der höchsten kulturellen Dichte.

Mit unserem heutigen Schreiben bitten wir eindringlich darum, bei der aktuellen Corona-Verordnung hinsichtlich kultureller Veranstaltungen bei Inzidenzwerten ab 35 bzw. 50 rasch nachzubessern und unbedingt eine Differenzierung vorzunehmen. Bei den meisten Kulturträgern unseres Landes sind bereits sehr aufwändige Hygienekonzepte umgesetzt worden, die eine weitere Beschränkung der Besucherzahlen unnötig machen. Die Theater- und Konzertsaison 2020/21 ist in NRW Ende August – auch mit Blick auf das Infektionsgeschehen erfolgreich gestartet: Bei keiner der zahlreichen Veranstaltungen ist es zu Ansteckungen gekommen. Die jetzt verordnete nochmalige Reduzierung der Besucherzahlen führt durch die Abstandsregel und die Begrenzung auf maximal 250 Personen dazu, dass vielfach nur 20 % (oder weniger) der normalen Platzkapazität und der entsprechenden Einnahmen erzielt werden können. Für viele kleinere Häuser bedeutet dies das Aus ihrer Veranstaltungen.

Da viele Veranstaltungen bereits bis Ende 2020 gut gebucht sind, müssen vielerorts Theaterkassen geschlossen werden, um Kapazitäten für die notwendigen Umbuchungen zu haben. Die Plätze müssen umgebucht, Tickets neu personalisiert und Gäste einzeln benachrichtigt werden. Schließlich muss das Geld an diejenigen zurückerstattet werden, deren Karten aufgrund der verringerten Kapazität storniert werden müssen.

Neben dem immensen verwaltungstechnischen und raumpraktischen Aufwand ist schon jetzt eine große Verunsicherung der Gäste spürbar. Die Kulturlandschaft Nordrhein-Westfalens, die uns allen am Herzen liegt, wird dadurch langfristig gefährdet!

Nach unserer Kenntnis wurden in Berlin alle großen Häuser und Spielstätten der Kultur eingehend von Experten untersucht und hinsichtlich ihrer Gefährdungs- und Lüftungssituation bewertet. Ergebnis: Die großen Häuser sind allesamt keine Infektionsorte. Masseninfektionen können dort nicht stattfinden. Die zugelassene Besucherzahl wurde daher – trotz höherer Inzidenz als in NRW – auf 1000 hochgesetzt. Erst im Falle eines Lockdowns (Schulen werden geschlossen) ist geplant, wieder davon abzuweichen.

Weiterhin stößt es bei den Konzerthäusern, Theatern und Spielstätten auf großes Unverständnis, dass es Sonderregelungen für Flugreisen und für den Öffentlichen Nah- und Fernverkehr gibt, während die mit allen Lüftungsmöglichkeiten und von den lokalen Gesundheitsbehörden genehmigten Zutrittskonzepten versehenen Konzerthäuser, Theater und Spielstätten in ihrem Betrieb massiv eingeschränkt werden, obwohl gerade hier den Menschen in dieser schwierigen Zeit kulturelle Bildung, Zerstreuung und positive Erlebnisse geboten werden.

Wir bitten nochmals dringend um Korrektur der aktuellen Einschränkungen zur Sicherung des Fortbestands der Existenz der Kulturträger in Nordrhein-Westfalen! Für alle Details, die zur Differenzierung der Nutzungsbedingungen in den Kultureinrichtungen nötig sind, bieten wir unsere Expertise durch Beteiligung an Fach- und Gesprächsrunden an. Für diese Beratung steht ein Mitglied des Vorstands oder ein Delegierter des kulturPARTNERnrw e.V. jederzeit zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

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Johannes-Josef Jostmann Direktor Parktheater Iserlohn Vorsitzender des Vorstands kulturPARTNERnrw e.V.