Von Renoir über Monet bis zu Gauguin – Das Museum Folkwang zeigt 2022 anlässlich seines 100. Jubiläums am Standort Essen seine herausragende, von Karl Ernst Osthaus (1874–1921) begründete Sammlung spätimpressionistischer Kunst im Dialog mit der Sammlung Kōjirō Matsukatas (1866–1950). Erstmals seit den 1950er-Jahren wird die japanische Sammlung des französischen Impressionismus aus dem National Museum of Western Art in Tokio wieder umfassend in Europa präsentiert. Mit rund 120 Meisterwerken von Paul Cézanne, Paul Gauguin, Vincent van Gogh, Édouard Manet, Claude Monet, Pierre-Auguste Renoir und Auguste Rodin verdeutlicht die Schau, wie die moderne französische Kunst Anfang des 20. Jahrhunderts nicht nur von westlichen Sammler:innen geschätzt wurde, sondern auch in Japan früh Anklang fand. Erzählt wird dies anhand von zwei faszinierenden Sammlerpersönlichkeiten des frühen 20. Jahrhunderts: Kōjirō Matsukata und Karl Ernst Osthaus.
Aus einem industriellen Umfeld heraus entwickelten Matsukata und Osthaus ihre Leidenschaft für die Kunst der französischen Moderne – ihre Privatsammlungen suchten schon nach kürzester Zeit ihresgleichen. Der aus der Ruhrgebietsstadt Hagen stammende Osthaus und der japanische Schiffsunternehmer Matsukata suchten unabhängig voneinander den direkten Kontakt zu Künstler:innen in ihren Ateliers, verkehrten mit den gleichen Kunsthändlern und interessierten sich für die Herkunftskulturen des jeweils anderen. Sie trugen innerhalb weniger Jahre umfangreiche Konvolute des Impressionismus und Spätimpressionismus zusammen, mit dem Ziel, einer breiten Bevölkerung diese neuen Entwicklungen in der Kunst der Moderne in eigenen Museen zugänglich zu machen. Expert:innen und Künstlerpersönlichkeiten, wie Henry van de Velde (Osthaus) und Frank Brangwyn (Matsukata), standen ihnen als Berater beim Aufbau ihrer Sammlungen zur Seite. Osthaus und Matsukata legten auf historische Artefakte ebenso Wert wie auf neue Gestaltungsprinzipien ihrer Zeit.
In der Ausstellung treffen erstmals wichtige Erwerbungen der Sammler mit Hauptwerken des Impressionismus, wie Pierre-Auguste Renoirs Lise mit dem Sonnenschirm (Osthaus) und Édouard Manets Porträt von Monsieur Brun (Matsukata), aufeinander. Die beidseitige Faszination für das Werk von Auguste Rodin führte zu einer Vielzahl von Erwerbungen, die den über dreißigjährigen Schaffensprozess des französischen Bildhauers an seinem Lebenswerk Das Höllentor in der Ausstellung erfahrbar machen. Werke von Vorreitern der Moderne, wie Paul Gauguin, stehen im Dialog mit Hauptwerken seiner Zeitgenossen Vincent van Gogh und Paul Cézanne. Die Ankäufe von Arbeiten dieser Künstler zählten damals zu bahnbrechenden Neuerungen in der deutschen Museumslandschaft und sollten auch bald ein japanisches Publikum finden. Die Faszination beider Sammler für den Pointillismus tritt in den Zusammenstellungen der Werke von Paul Signac, Henri Edmond Cross und Théo van Rysselberghe zu Tage. Im zentralen Saal der Ausstellung entfaltet sich schließlich ein 360-Grad-Landschaftspanorama mit Gemälden von Claude Monet, Gustave Courbet und Charles-François Daubigny – Bilder einer fließenden Welt.
Ergänzt wird die Werkauswahl der französischen Moderne durch eine Gruppe ostasiatischer Kunstwerke aus dem ehemaligen Besitz von Osthaus. Matsukata und Osthaus einte die Idee eines Museums, das bildende Kunst ebenso umfasste wie Kunstgewerbe, westliche ebenso wie östliche Kunst. Auch das Zusammenwirken von Geschichte und Gegenwart sowie der Austausch zwischen der älteren und der jüngeren Künstlergeneration waren für beide Sammler ausschlaggebend für die Konzeption ihrer eigenen Museen.
In der Ausstellung führen die raumgreifenden Installationen der zeitgenössischen japanischen Künstlerinnen Chiharu Shiota (*1972) und Tabaimo (*1975) diesen verbindenden Gedanken in die Gegenwart fort.
Im Anschluss an die Ausstellung im Museum Folkwang setzt das National Museum of Western Art ab Juni 2022 die Gegenüberstellung der Sammlungen Osthaus und Matsukata mit einer Ausstellung zum Dialog mit der Natur in Tokio fort.